Unternehmenskultur und -struktur. Was zählt mehr?
Es gibt zwei Wege zur Lernenden Organisation. Das sind der Weg über die Unternehmensstruktur sowie der über die Unternehmenskultur. Ob der eine oder der andere der bessere ist kann man nicht sagen. Es hängt von so vielen Parametern ab. Das sind z.B. Branche, Mitarbeiter, Führungskräfte, Werte und Unternehmenssituation. So kann ein Unternehmen oder ein Projekt mal mehr oder mal weniger Struktur gebrauchen, um erfolgreich zu sein.
„Business Reengineering steckt in der Krise. Dieses Bekenntnis fällt mir nicht leicht. Schließlich war ich ja einer der beiden Erfinder dieses Konzeptes…“
Er beschreibt dann, dass man wohl nur die halbe Wahrheit im ersten Buch beschrieben hätte. Das was Hammer und Champy ausgelöst haben setze ich fast gleich dem, was Frederic Winslow Taylor mit seinem Management-Ansatz ausgelöst hatte. Viele Unternehmen setzten fortan auf die prozessverliebte Interpretation von Organisationsentwicklung. Leider fand ihr zweites Buch dann weniger Berücksichtigung, so zumindest meine Wahrnehmung.
Die halbe Wahrheit des Business Reengineering
Im Kapitel 10 stellt Champy die Frage „Mit welchen Mitarbeitern wollen wir zukünftig zusammenarbeiten?“. Heute, zwanzig Jahre später, würde ich die Frage noch erweitern. Welche Kompetenzen benötigen wir bei den Mitarbeitern und Führungskräften?
Die halbe Wahrheit der fast neurotischen Form der permanenten Effizienzsteigerung durch Standardisierung hat uns eben nicht nur effizientere Prozesse beschert. Wir haben so getan, als würden sich Organisationen wie Maschinen verhalten können. Alles ist planbar, alles ist gestaltbar. Wir clonen uns die Mitarbeiter, die dann nach Vorschriften und Regeln eben ihre Arbeit gleichermaßen also standardisiert erledigen, quasi eine Art von Neo-Taylorismus. Und unsere Personalabteilung wird in „Human Ressource Management“ umbenannt, damit man auch deutlich macht, welche Rolle der Mensch spielen soll.
Die halbe Wahrheit war, dass die geschaffenen Strukturen der Managementsysteme und die damit verbundenen kontinuierlichen Verbesserungen zu einer leistungsstärkeren Organisation führen kann.
Der andere Teil der Wahrheit war aber auch, dass dies für ein Unternehmensumfeld galt, das weniger durch Komplexität und Dynamik geprägt war, als es heute in einer globalisierten Wissensgesellschaft der Fall ist.
Es wurde auch nicht erkannt, dass in Unternehmen Kreativität, Agilität, Innovationskraft und Motivation zu einem nicht unerheblichen Teil verloren ging. Ja sogar die Gesundheit und nachhaltige Arbeitsfähigkeit wurden belastet.
Ein Generationenproblem?
Heute sind es verstärkt jüngere Generationen, denen man nachsagt, sie wollten sich diesen neo-tayloristischen Strukturen nicht mehr unterordnen. Das mag auch tendenziell stimmen. Eher ist es aber ein Wertewandel. Die Erkenntnis reift auf bei den Älteren, dass wir eine radikal neue Richtung einschlagen müssen.
Wir benötigen nur Führungskräfte und Unternehmer, die dieses erkennen. Welche, die Kompetenzen entwickeln, beide Wahrheiten von Unternehmenskultur und -struktur zu erkennen und daraus gemeinsam mit den Mitarbeitern Strategien zu entwickeln und umzusetzen.
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