Rohstoffe für den Digitalen Wandel

Rohstoffe für den Digitalen Wandel – Bremse oder Chance?

Es gibt einen Aspekt des digitalen Wandels, den manche von uns noch überhaupt nicht auf dem Schirm haben.

Während ich diesen Beitrag schreibe habe ich links mein Smartphone, rechts mein Tablet und meinen Notebook mit einem externen LED Monitor. Im Hintergrund höre ich einen Fernseher, davon gibt es nicht nur einen in der Wohnung. Ich kann mir gar kein Leben ohne diese Technik vorstellen und dabei bin ich nicht alleine, obwohl ich ja nun kein Digital Native bin. Nicht jemand, der mit den Technologien aufgewachsen wäre.

Und nun spricht man vom Digitalen Wandel. Arbeiten 4.0 oder Industrie 4.0. Eine digitale Transformation der Wirtschaft, was auch immer das heißt. Vermutlich bedeutet das aber mehr Technologie. Mehr Technologie bedeutet aber mehr Rohstoffverbrauch.

Wir kennen die Diskussion über den Engpass von Rohstoffen. Meist assoziieren wir damit den Engpass an fossilen Brennstoffen. Wir haben mittlerweile begriffen, dass der Strom nicht einfach so aus der Steckdose kommt. Nutzen zunehmend erneuerbare Energie. Die eine kümmerts, den anderen nicht.

Habt ihr euch schon einmal Gedanken gemacht, woher die Rohstoffe für die Computer, Tablets und Co. stammen? Was mit den ausgedienten Geräten passiert, wenn sie in den Müll geworfen werden?

 

 

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Zukunftstechnologien und seine kritischen Kernrohstoffe

Tablets, Smartphones und alle Produkte mit zunehmender elektronischer Steuerung benötigen heute Materialien, deren Bedarfe sich erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben. Während in den 1990er Jahren 16 Elemente unseres Periodensystems benötigt wurden, sind es in den 2000er Jahren bereits 60 Elemente.

Der Bedarf an strategischen Metallen, die zum Teil in Kleinstmengen in Produkten eingesetzt werden, steigt enorm. Insbesondere Zukunftstechnologien sind davon betroffen, die unser geplantes Wirtschaftswachstum ermöglichen sollen.

Also auch das ist einzigartig für die erste Digital Native Generation. Sie ist die Generation, die möglicherweise den Rohstoffverbrauch der Erde für einige Technologiemetalle für sich alleine beansprucht haben wird. Bildlich gesehen, nehmen wir an die Menschheitsgeschichte wäre ein Tag, ist es die Dauer eines Fingerschnippens. Ich habe es nicht wirklich nachgerechnet, aber in etwa wird das hinkommen.

Kann es denn überhaupt dann noch weitere Digitale Generationen geben?

Zum größten Teil werden die Rohstoffe für den Digitalen Wandel aus sogenannten „seltenen Erden“ gewonnen. Selten deshalb, weil zurzeit nur wenige Lagerstätten entdeckt bzw. im Zugriff sind. So kommt heute der überwiegende Teil dieser seltenen Metalle, auch „Technologie-Metalle“ genannt, aus China. Damit ist der Kampf um die Rohstoffe von hoher politischer und wirtschaftlicher Bedeutung.

Für manche dieser Rohstoffe sind Ressourcenlaufzeiten prognostiziert, die das Lebensalter einer Menschheitsgeneration unterschreiten.

Alte Smartphones, erloschene Neonröhren, aussortierte Computerbildschirme – all diese Geräte produzieren Leuchtstoffabfälle, die bisher als gefährlicher Sondermüll bislang untertage deponiert werden. Darin enthalten sind auch Seltene Erden und damit strategisch wichtige Metalle, die gerade in der IT-Branche dringend benötigt werden. Oft lohnt es sich heute noch nicht diese Materialien zu recyceln. Einiges davon wandert über zweifelhafte Wege auf illegale Deponien in Afrika.

In Zukunft werden neue High-Tech-Prozesse zu entwickeln sein, die die komplexen Gemische auftrennen können. Dazu sind physikalische, physikalisch-chemische wie auch chemische Prozesse zu entwickeln, die mit wenig stofflichem und energetischem Aufwand die Gewinnung von wertvollen, sauberen Rohstoffen erlauben. Die nächste Herausforderung wäre die Produktgestaltung. Das Konzept Cradle2Cradle (Von der Wiege zur Wiege) von Prof. Braungart beinhaltet ein Produktdesign, bei dem keine Abfälle entstehen.

Die Rohstoffe verlagern sich über die Produkte aus der Erde in die Städte. Erdlagerstätten werden leer, Lagerstätten in den Städten nehmen zu. Die Stadt wird zum Bergwerk. Urban Mining hat zum Ziel, diese städtischen Rohstoffläger zu nutzen.

Der Digitale Wandel hat viele Aspekte. Er fordert Know How, Innovationskraft und Verantwortung. Nachhaltigkeitsorientierte Innovationen können zwei Vorteile mit sich bringen. Erstens hilft es, dass der Digitale Wandel überhaupt stattfinden kann. Zweitens birgt er in sich selbst bereits einen Zukunftsmarkt. Es wäre einfach dumm, wenn wir die Chance einer Balance in unserem Fortschritt nicht wahrnehmen würden.

Wir benötigen unbedingt Rohstoffe für den digitalen Wandel

Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, den 6. Urban Mining Kongress nun nach Dortmund zu holen.

Dieser findet am 4. Und 5. November 2015 in der Messe Westfalenhallen statt. Prof. Braungart wird mit dem Urban Mining Award ausgezeichnet. Vielleicht ein ungeahnter Held des digitalen Wandels?

 

Digitaler Wandel ? Ja, aber bitte mit Verantwortung!

 

Web-Tipp:

Urban Mining Kongress

 

Publikationen:


Weichbrodt, Rainer
Urban Mining – Einer neuer Weg?
in Recycling Almanach 2105, Jan 2015

Weichbrodt, Rainer
Wo kommen künftig die Rohstoffe her?
n der Ruhrwirtschaft (IHK), Ausgabe Mai 2014

Weichbrodt, Rainer
Urban Mining – Strategien zur Nutzung der städtischen Rohstofflager
in der Zeitschrift Müll und Abfall, Ausgabe Januar 2014